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Nationale Qualitäts-Infrastruktur – ein Instrument für die Beschleunigung der wirtschaftlichen Entwicklung in Transformations- und Entwicklungsländern

Obwohl seit mehr als einem Jahrzehnt eine ganze Reihe von Schwellen- und Transformationslän-dern erfolgreich nationale Qualitäts-Infrastruktur-Systeme entwickelten und implementierten und damit messbare wirtschaftliche Erfolge erreichen, scheint das Instrument in anderen Ländern noch völlig unbekannt zu sein. Diesen Ländern fehlt damit ein starkes Instrument, ihre wirtschaftliche Entwicklung rasch und relativ kostengünstig zu verbessern. Der vorliegende Beitrag will über dieses Instrument aufklären und aufzeigen, wie die Control Union Academy interssierten Regierungen und Organisationen helfen kann. Damit sollen Regierungen und andere Institutionen ermutigt werden, sich dieser Thematik zu widmen und möglichst bald gut begründete Entscheidungen für dieses Instrument zu treffen. 

Was ist ein nationales Qualitäts-Infrastruktur-System?

Qualitäts-Infrastruktur (QI) ist ein Sys­tem[i] [Endnoten stehen am Ende des Textes], bestehend aus definierten

  • öffentlichen und priva­ten Institutionen
  • rechtlichen und behördlichen Rahmenbedin­gungen sowie deren Arbeits- und Managementpraktiken
  • Modu­le wie Standardisierung, Akkredi­tierung, Metrologie und Konformi­tätsbewertung (Prüfung, Inspekti­on und Zertifizierung).

Die Herausbildung, Implementierung sowie Funktion und Weiterentwicklung wird unterstützt durch:

- nationale Organisationen, z.B.:

  • Zuständige nationale staatliche Einrichtungen (Ministerien und andere Behörden),
  • nationale Forschungsinstitute,
  • nationale Unternehmen (Produzenten, Händler, Serviceunternehmen, z.B. Zertifizierungsgesellschaften),
  • weitere nationale Unterstützer

- internationale Organisationen, z.B.

  • verschiedene Organisationen der UNO,
  • Weltbank,
  • Forschungsinstitute,
  • Internationale Unternehmen (Produzenten, Händler, Serviceunternehmen, z.B. Zertifizierungsgesellschaften).

Ein effek­tives QI-System ist für das Funktionieren der Märkte im In­land sowie im Ausland erforderlich, da hierdurch Grundlagen und nützliche Instrumente an alle Partner gegeben werden, die geeignet sind Vertrauen zu schaffen und zu erhalten. 

Die Aufgaben und Funktionen einiger Elemente des NQI lassen sich wie folgt beschreiben:

Die nationale Normungsorganisation

Die Aufgaben der nationalen Normungsorganisation bestehen darin die Normung im Land ganz generell zu fördern. Das dient dem Ziel die Verständigung der Wirtschaftspartner zu unterstützen, effektiv zu kooperieren um gebrauchstaugliche Erzeugnis mit vereinbarter Qualität zu erzeugen und auszutauschen. Gleichzeitig werden gesellschaftliche Ziele wie Förderung von Innovationen und Gewährleistung des Verbraucherschutzes und weitere gesellschaftliche Ziele verfolgt. Üblicherweise arbeiten die nationalen Normungsorganisationen mit den internationalen Normenorganisationen zusammen, z.B. der ISO (International Standard Organisation), mit dem Ziel, den internationalen freien Warenverkehr zu fördern.

Das nationale metrologische Institut

Die wichtigsten Aufgaben der Metrologie[ii] in der Wirtschaft lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die Förderung der industriellen und wissenschaftlichen Messtechnik, z.B. in den Bereichen Messstandards, Rückverfolgbarkeit und Kalibrierung, Referenzverfahren, Testen u.a.

Ziel der Anwendung wissenschaftlich begründeter Metrologie ist, dass die nationale Wirtschaft mit geeigneten Messmethoden arbeiten kann und dass die nationalen Messverfahren international so abgestimmt sind, dass der internationale Handel möglichst wenig durch in der Metrologie begründete Handelshemmnisse beeinträchtigt wird.

Nationale Akkreditierungsstelle

Zweck der Akkreditierung ist die Feststellung, ob eine Konformitätsbewertungsstelle (z.B. eine Zertifizierungsstelle) über die Kompetenz und ein eigenes Regelungspaket (z.B. ein „Verfahrenshandbuch“) verfügt, bestimmte Konformitätsbewertungen durchzuführen. Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 bestimmt für die Durchführung folgende Verfahrensschritte: Auf Antrag einer Konformitätsbewertungsstelle überprüft die nationale Akkreditierungsstelle, ob diese Konformitätsbewertungsstelle über die Kompetenz verfügt, eine bestimmte Konformitätsbewertungstätigkeit auszuführen. Wird ihre Kompetenz festgestellt, stellt die nationale Akkreditierungsstelle eine entsprechende Akkreditierungsurkunde aus.

Die nationalen Akkreditierungsstellen überwachen die Konformitätsbewertungsstellen, denen sie eine Akkreditierungsurkunde ausgestellt haben. Stellt eine nationale Akkreditierungsstelle fest, dass eine Konformitätsbewertungsstelle, der eine Akkreditierungsurkunde ausgestellt wurde, nicht mehr über die Kompetenz verfügt, eine bestimmte Konformitätsbewertungstätigkeit auszuführen, oder ihre Verpflichtungen gravierend verletzt hat, trifft diese nationale Akkreditierungsstelle innerhalb einer angemessenen Frist alle geeigneten Maßnahmen, um die Akkreditierungsurkunde einzuschränken, auszusetzen oder zurückzuziehen.

Das Verfahren der Akkreditierung hat eine Reihe von Ähnlichkeiten mit dem Verfahren der Konformitätsbewertung (z.B. Zertifizierung) von Unternehmen durch Zertifizierungsstellen.

Zertifizierungsstelle

Zertifizierungsstellen führen auf Antrag von Organisationen (z.B. Unternehmen) bestimmte Konformitätsbewertungsverfahren (z.B. Zertifizierungsverfahren) in den antragstellenden Organisationen durch. Ist das Verfahren ohne Abweichungen von der zugrunde liegenden Norm (auch Standard, Programm) durchgeführt worden, erhält die Organisation ein Zertifikat. Stellt eine zertifizierungsstelle fest, dass eine Organisation nicht mehr alle Kriterien der zugrunde liegenden Norm einhält oder nicht mehr die Kompetenz besitzt, die Kriterien und oder Zertifizierungsvorschriften einzuhalten, kann ein Verfahren gegen die Organisation eingeleitet werden, das in gravierenden Fällen mit einem Zertifikatsentzug endet.

Die Zertifizierungsgesellschaften müssen hinsichtlich der Kompetenz des eingesetzten Personals sowie seiner Arbeitsabläufe und ethischen Normen sehr hohe Anforderungen erfüllen, weil die Resultate ihrer Bewertungen die Basis für das Vertrauen der Partner in die zertifizierten Organisationen darstellen. Um dies zu erfüllen müssen sie sich einem Akkreditierungsverfahren durch eine Akkreditierungsstelle stellen und auch regelmäßige Überwachungen dulden.

Grundlage eines Zertifizierungsverfahren ist eine bestimmte Norm (oder ein Standard oder ein Zertifizierungsprogramm), dessen Einhaltung durch die antragstellende Organisation von der Zertifizierungsstelle überprüft wird. Die Regeln für diese Überprüfung sind in verschiedenen Normen geregelt, z.B. ISO 17065 (Produkte und Prozesse), ISO 17021 (Managementsysteme), ISO 17024 (Zertifizierung von Personen) u.a.
 

Welche Nachteile bringt ein schwaches oder fehlendes NQIS?

Die häufigen Besuche des Autors in Entwicklungs- und Transformationsländern sowie die dortigen Gespräche mit Ministerien, Akkreditierungsstellen, Unternehmen, Universitäten, lokalen zertifizierungsstellen sowie das Studium von schriftlichen Unterlagen zu Elementen des NQIS zeigen eine sehr große Vielfalt von Mängeln. Besonders bemerkenswert ist, dass es eher der übliche als der Ausnahmefall ist, dass die lokalen Personen diese Mängel nicht wissen oder ahnen und deshalb auch nicht erkennen können, dass die beklagten Handelshemmnisse zum sehr großen Teil in Mängeln des nationalen NQIS begründet sind. Erst durch die Beseitigung dieser Rückstände kann die Volkswirtschaft als Ganzes mit Volkswirtschaften, die über ein qualifiziertes NQIS verfügen, konkurrieren.

Beispiel 1[iii]: Ineffiziente nationale Normungsorganisation

In nicht wenigen Ländern arbeitet die nationale Normungsorganisation ineffizient. Das Personal ist nicht ausreichend qualifiziert ist. Die Mitarbeiter nehmen nicht teil am internationalem Wissensaustausch. Man begnügt sich mit Normen aus der Vergangenheit, die weder den lokalen Unternehmen eine Richtschnur für moderne Produktionsverfahren geben können noch ausreichen die Anforderungen ausländischer Interessenten zu verstehen oder gar zu erfüllen. und die bereit gestellten Finanzmittel reichen nicht aus, die Situation zu verbessern Der Grund ist meistens, dass die Rolle der nationale Normungsorganisation für eine florierende Unternehmen völlig unterschätzt wird.

Folgerungen für die lokale Wirtschaft: Die lokalen Unternehmen bleiben ausgeschlossen vom internationalen Wissensaustausch zu effizienten Produktions- und Managementverfahren, was in geringe Qualität der Produkte und der Managementprozesse mündet und den Export erschwert oder unmöglich macht. Der realisierte Export ist eher auf niedigpreisige Ware ausgelegt oder darauf, dass der Exporteur auf dem Zielmarkt für eine gewisse Zeit als Exot Aufmerksamkeit bekommt, die aber bald verfliegt. Der Grund für diese Schwäche der Unternehmen ist in deren lokalen Rahmenbedingungen begründet: Die international verbreiteten Normen (Standards, Zertifizierungsprogramme) sind im Normalfall das Ergebnis von internationalen Entwicklungsteams, die das führende Know-how, die beste verfügbare Praxis und die international anerkannten Qualitätskriterien für bestimmte Produkte oder Verfahren in der Norm (dem Standard, dem Zertifizierungsprogramm) zusammenfassen. Unternehmen, die diese Dokumente zur Basis ihrer Produktionsweise machen können, haben es einfacher, international anerkannte Produkte herzustellen. Wenn dann noch ein Zertifikat einer anerkannten Zertifizierungsstelle dazu kommt, verschwinden viele Handelshemmnisse.

Beispiel 2: Unzureichendes Wissen der Unternehmen über die Grundlagen der Produktions- und Managementprozesse in den Export-Zielländern

Die oben stehende Abb. zeigt die Wirkungen von Qualität und Preis auf die Wettbewerbsfähigkeit der Ukraine anhand der Zusammensetzung des brancheninternen Außenhandels der Ukraine mit EU-Ländern im verarbeitenden Gewerbe nach dem Grubbel-Lloyed-Index[iv].

Folgerungen für die lokale Wirtschaft: Die in der Abb. dargestellte Situation wird in der zitierten Studie so bewertet: "Die Handelsmuster der Ukraine innerhalb der Industrie lassen auch darauf schließen, dass sich die Exporte des Landes auf Segmente mit geringer Qualität konzentrieren." Dies gilt nach Beobachtung des Berichterstatters auch heute noch für die Land- und Lebensmittelwirtschaft (hohe Anteile des Exports von Futtergetreide, statt Brotgetreide und Braugerste; trotz bester Produktionsbedingungen kaum Saatgut, z.B. von Gemüse und Blumen usw.) Ganz offensichtlich ist diese Lage auf ein schwaches QI-System zurückzuführen.

Waren höherer Qualität lassen sich heute im Normalfall nur durch kontrollierte und überwachte Produktionsprozesse erreichen, die sich wiederum an hohen Qualitätszielen orientieren. Kaufmännisch betrachtet, lässt eine Verbesserung der Situation erhebliche Zuwächse der Wirtschaftlichkeit der exportierten Produkte und gleichzeitig den Markteintritt in höherwertige Märkte erwarten.

Beispiel 3: Wissensdefizite zur Rolle von Zertifikaten

Die relativ hohe Zahl gefälschter Zertifikate oder wertloser Zertifikate von unseriösen Zertifizierungsgesellschaften offenbart erhebliche Wissensdefizite bei Personen, die mit Zertifikaten Umgang haben. Zwei Aspekte stehen im Mittelpunkt:

  • Personen mit Wissensdefiziten vermuten überwiegend im Dokument „Zertifikat“ den eigentlichen Wert des Zertifizierungsverfahrens. Sie erkennen nicht, dass der tatsächliche wirtschaftliche Wert für sie selbst vor allem darin liegt, dass sie mit der zugrunde liegenden Norm (Standard, Zertifizierungsprogramm) ein Kompendium des besten und neuesten Wissens für den jeweiligen Sachverhalt in der Hand haben und durch dessen Anwendung auf einem wirtschaftlichen Weg die Möglichkeit haben, hohe Qualitäten zu erzielen. Gemeinsam mit dem Zertifikat werden die erzeugten Qualitätsprodukte die Absatzsituation erheblich verbessern.
  • Es ist weitgehend unbekannt, dass der Wert des Zertifikats nicht im Papier mit Stempel besteht. So passiert es nicht selten, dass Unternehmen selbst Zertifikate fälschen, indem Sie mit der verfügbaren Software den eigenen Unternehmensnamen in ein echtes Zertifikat hineinkopieren. Auch werden solche echt aussehenden Zertifikate von Betrügern angefertigt und zu „günstigem Preis“ an Unternehmen verkauft, ohne überhaupt ein Audit durchzuführen. In Ländern die üblicherweise Zielland für Importe sind, werden sowohl durch die Programmträger als auch durch die Zertifizierungsstellen Maßnahmen ergriffen, die recht rasch gefälschte oder wertlose Zertifikate erkennbar machen. Dies führt meist zu einer Rückabwicklung des Geschäfts zu Lasten des Zertifikatsinhabers. Dass dennoch die Zahl solcher Zertifikate nicht sinkt, scheint die These zu bestätigen, dass das Wissensdefizit um die Vorgänge der Zertifizierung weiterhin sehr erheblich ist.

Die unten stehende Tabelle gibt eine Übersicht über wertmindernde und wertsteigernde Eigenschaften von Zertifikaten.
Dies ist wie folgt zu bewerten:

  • Die Wertigkeitsstufen 1 und 2 sind völlig wertlos.
  • Die Wertigkeitsstufen 3 und 4 sind nicht allgemein bewertbar, weil in dieser Gruppe sowohl ehrbare Kaufleute zu finden sind, wie auch dreiste Betrüger.
  • Die Wertigkeitsstufen 6-8 erfüllen alle formalen Ansprüche an ein echtes Zertifikat. In der Zertifizierungspraxis steigt das Vertrauen in den Wert von 6 bis 8 sehr stark an. Zertifizierungsgesellschaften mit einer längeren und quantitativ größeren Erfahrung haben üblicherweise den höchsten Vertrauenswert.
     

Beispiel 4:    Es besteht eine nicht geringe Bereitschaft von Marktteilnehmer in Ländern mit kurzer Zertifizierungspraxis, solche Verhaltensweisen wie „Schummeln“ und Korruption zu tolerieren. 

Wegen außergewöhnlicher Anzahl von Abweichungen musste die EU für die 3 Länder eine spezielle Arbeitsvorschrift für das Zertifizierungsverfahren im Öko-Landbau erlassen[v]. Die Gründe dafür sind aus der praktischen Arbeit in allen drei Ländern gut bekannt: unklare Herkunftsnachweise, nicht gesicherte Echtheit, manipulierte oder gefälschte Zertifikate, Zertifikate von ungeeigneten (betrügerischen)  Zertifizierungsstellen,  Rückstände von Pestiziden und ungeeigneten Bodenverbesserern, Nichteinhaltung der in Normen vorgeschriebener Produktionsverfahren usw. Diese Verhaltensweisen verteuern den Kontrollaufwand für Exporteure aus diesen Ländern und befeuern das Misstrauen in Produkte aus diesen Ländern bei Importeuren im Westen.

Die voranstehenden vier Beispiele sind nur ein sehr kleiner Ausschnitt aus einer Vielzahl von bekannten Nachteilen, die eine Volkswirtschaft durch ein schwaches NQIS erleiden kann. Bereits diese einfachen Fälle zeigen, deutlich, wie mit relativ einfachen und Kosten sparenden Aktionen Elemente eines NQIS entwickelt und implementiert werden können, um eine Trendwende zur Qualitätsproduktion, Kostensenkung sowie Exporterfolg zu erreichen.

Wie wird ein wirksames NQIS entwickelt und implementiert?

Wie wird ein wirksames NQIS entwickelt und implementiert?

Generell gilt hier der Aphorismus: „Es gibt viele Wege. Finde deinen eigenen.“ Wir wollen hier aus unseren Erfahrungen eine Methodik als Modell darstellen, die in vielen Situationen bewährt ist. Sie besteht aus folgenden Grundsätzen:

In einer vorbereitenden Planung sollten unter Einbeziehung internationaler Erfahrungen festgelegt werden.

  • Zu erreichende Ziele für das nationale Qualitäts-Infrastruktur-System sowie einzubeziehende Bereiche und Module.
  • Realistischer Bearbeitungszeitraum sowie Ausstattung des Arbeitsteams mit personellen und finanziellen Ressourcen. Nicht ausreichende Ressourcen demotivieren die Beteiligten und bergen die Gefahr mit einem minderwertigen Resultat abzuschließen, was dann die erhofften Wirkungen nicht hervorbringen kann.
  • Das Arbeitsteam sollte aus nationalen Experten aus verschiedenen Bereichen und Modulen bestehen und möglichst auch zumindest einen internationalen Experten mit Erfahrungen in diesem Fachgebiet einschließen. Die Experten sollten ihre gewöhnliche Berufstätigkeit fortsetzen, jedoch für einen definierten Anteil der Gesamtarbeitszeit für die Mitwirkung am NQIS freigestellt werden. Dem Expertenteam sollten fest für diese Aufgabe angestellte technische Mitarbeiter zugeordnet werden.
  • Vor Arbeitsbeginn sollte ein Beirat gebildet werden, in dem vor allem Nutzer/Anwender aus verschiedenen Bereichen/Modulen des NQIS vertreten sind. Der Beirat hat beratende Funktion – keine Weisungsbefugnis. Sämtliche Beratungen des Beirats werden protokolliert und archiviert; auch die Dokumente, die der Vorbereitung der Beiratssitzungen dienen. Die für die Tätigkeit des Beirats erforderlichen Arbeiten werden vom Expertenteam und seinen technischen Mitarbeitern geleistet.
  • Der erste Arbeitsschritt des Expertenteams ist eine Interviewreihe mit „Meinungsführern“. Ein „Meinungsführer“ soll entweder Beteiligter oder Betroffener[vi] am NQIS sein. Er kann, aber muss nicht ein Funktionsträger sein. In den Interviews wird die Aufgabenstellung für die Erarbeitung des NQIS erläutert und die Meinungen der Interviewpartner dazu protokolliert und archiviert. Die Anzahl von zu interviewenden Meinungsführern kann am Anfang klein sein. Bei jedem Interview wird auch die Frage nach weiteren Meinungsführern gestellt und so die Zahl erweitert. Wer tatsächlich interviewt wird entscheidet allein das Expertenteam. Nachdem eine ausreichende Anzahl von Meinungsführern interviewt wurden, wird ein Bericht angefertigt und dem Beirat zur Stellungnahme vorgelegt. Dabei ist festzustellen ob die vorbereitende Planung in bestimmten Aspekten qualifiziert werden sollte. Diese Stellungnahme wird dem Träger des NQIS vorgelegt. Dieser kann entscheiden ob bzw. welche Aspekte in eine „Präzisierte Aufgabenstellung“ eingehen, die dann bis zum Ende der Arbeiten das verbindliche Dokument ist.
    Diese Arbeitsphase ist extrem wichtig für die spätere Akzeptanz der Ergebnisse, weil die Betroffenen und beteiligten, zumindest durch Repräsentanten in die Erarbeitung der Ziele und Abläufe einbezogen sind.
  • Für die Abarbeitung der Aufgabenstellung kann die Expertengruppe spezielle Arbeitsgruppen bilden. Die Arbeitsgruppen sollten bestimmte Arbeitsergebnisse in Workshops mit Betroffenen und Beteiligten diskutieren. Dabei sind zwei Ergebnisse anzustreben: Aufnehmen von Anregungen und Kritik zu den bisher bestehenden Ideen der Experten und gleichzeitig Aufklärung und Wissensvermittlung zu zielen und Funktionen des NQIS, um die Akzeptanz der finalen Ergebnisse vorzubereiten. Die Teilnehmer an den Workshops sollen in Ihrem Arbeitsumfeld Ihr Wissen zum NQIS mitteilen, um in großer Breite des Landes das Wissen zum NQIS und die Akzeptanz der finalen Ergebnisse vorzubereiten.
  • Das finale Ergebnis sollte zuerst als ENTWURF breit mit den Betroffenen und Beteiligten des Landes diskutiert werden. Da zu erwarten ist, dass es in der Breite nur wenige Kenntnisse und ggf. auch falsche Vorstellungen zum NQIS gibt, sind eine größere Zahl von Workshops der Diskussion von schriftlichen Unterlagen vorzuziehen. Die Workshops sollten von Personen geführt werden, die in der Entwicklungsphase weitergebbares Wissen erworben haben.
  • Während der Implementierung könnten mehrere Konsultationspunkte eingerichtet werden, die besondere Unterstützung erhalten und die dann als Multiplikatoren wirksam werden.

Während des gesamten Arbeitsprozesses sollten die wichtigen Interviews, Beratungs- und Workshopergebnisse dokumentiert und archiviert werden. Hierbei ist Gründlichkeit zu gewährleisten, aber gleichzeitig zu vermeiden, dass der Prozess übertrieben wird. (Maßstab: Eine gute Sache zu übertreiben, ist auch ein Fehler!)

Kann man bei einem NQIS Schwerpunkte setzen?

Selbstverständlich ist es möglich, ein NQSI so aufzubauen, dass nationale Besonderheiten berücksichtigt werden. Solche Gründe können sein: für bestimmte Branchen besteht ein besonderer Bedarf, begrenzte finanzielle Mittel machen es erforderlich die wichtigsten Module zuerst zu entwickeln usw.

In jedem Fall muss den Auftraggebern und Entwicklern dabei klar sein: Ein vollständiges NQSI nach den Grundsätzen des Leitfadens der Weltbank[vii] beruht auf den besten Erfahrungen der führenden Wissenschaft und den Erfahrungen vieler Länder, die bisher NQIS entwickelten und implementierten. Teile oder abgewandelte Versionen sind höchstwahrscheinlich weniger effektiv und sollten immer das Ziel haben, ein Zwischenschritt zu einem vollkommenen NQIS sein.

Wie erhält und steigert man seine Wirksamkeit?

Wie jedes System kann sich auch bei einem NQIS die Effizienz im Zeitablauf verändern. Gründe für Verschlechterungen können sein:

  • Die fachlichen Anforderungen an Module haben sich durch Erfahrungen im Lande und in der Welt verändert und eine Anpassung ist nötig.
  • Die Managementprozesse in den beteiligten Institutionen haben sich „schleichend“ verflacht und an Effizienz verloren.
  • Viele weitere Gründe sind denkbar.

Um die Effizienz des NQIS jederzeit zu sichern und, wo möglich, noch zu verbessern, sollten regelmäßige Monitorings durchgeführt werden. Dazu gibt es verschiedene Verfahren:

  • Beim Monitoring werden sämtliche Elemente betrachtet oder ausgewählte Teile.
  • Das Monitoring wird durch Beteiligte am NQIS selbst durchgeführt oder durch externe Experten.

Sinnvoll ist es, das Monitoring in einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP)  zu integrieren, dessen Funktionen in der ISO 9001 definiert sind[viii].  In jedem Fall ist darauf zu achten, dass die Analyse gründlich und durch Einbeziehung von Beteiligten, z.B. mittels Interviews, durchzuführen ist. In der Praxis werden jährliche Audits der eingesetzten KVP-Teams abgehalten. Diese analysieren die Probleme in ihren Bereichen und unterbreiten Verbesserungsvorschläge. Dabei nutzen sie folgende Herangehensweise: Erkannte Defizite sind klar zu benennen. Es sind Maßnahmen festzulegen wie erkannte Defizite beseitigt werden. Den Maßnahmen sind zuzuordnen: Verantwortlichkeit, beigeordnete Ressourcen, Termine zur Umsetzung, Kontrolle nach Abschluss der Implementierung. Die in der nebenstehenden Grafik mitgeteilten Fragen und Maßnahmen können helfen, eine hohe Wirksamkeit des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses zu erreichen. Dieser Prozess ist nie zu Ende und beginnt regelmäßig von vorn.

Wer kann bei der Entwicklung und Implementierung eines NQIS helfen?

Das Dilemma in Ländern mit einem schwachen NQIS ist üblicherweise, dass es kaum lokale Experten gibt, die über dieses komplexe System Wissen oder Erfahrungen haben. In solchen Fällen ist es sinnvoll, internationale Experten in den Planungs- und Arbeitsprozess einzubeziehen. Erfahrene externe Experten werden immer darauf achten, dass zwar neues Wissen in das Land gebracht und angewandt wird, dass aber gleichzeitig nationale Besonderheiten berücksichtigt und in den Prozess und in die Ergebnisse eingebracht werden.
Geeignete Experten können im Internet gefunden werden.
Geeignet ist auch die Control Union Academy mit Sitz in Berlin, Deutschland. Sie verfügt über 3 Jahrzehnte lange eigene Erfahrungen mit den Elementen von NQIS.

 

Über den Autor

Dr. habil. Rainer Friedel ist Leiter der Control Union Academy. Seit 30 Jahren ist er als Inhaber und Geschäftsführer von Zertifizierungsstellen und davon unabhängigen Consult-Unternehmen tätig. Sein besonderes Interesse gilt der Schaffung und Implementierung diverser Instrumente, die der Qualitätsproduktion dienen. Dabei versteht er unter „Qualität“ die Erfüllung von Kundenwünschen an die hergestellten und verkauften Produkte und Serviceleistungen. Hierzu zählen Produkteigenschaften ebenso, wie deren nachhaltige Produktionsverfahren wie sozialen Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten. Er gibt sein Wissen weiter durch Bücher, Vorlesungen und Seminare. 

 

Endnoten

[i]   Die Wortgruppe „Qualitäts-Infrastruktur“ wird auch in völlig anderen Zusammenhängen benutzt. Dies darf nicht verwechselt werden.
Beispiel 1: Das Büro für Projektdienste der Vereinten Nationen (UNOPS - United Nations Office for Project Services) verwendet den Begriff für ein Instrument um die Infrastruktur eines Landes so zu entwickeln, dass die internationalen Nachhaltigkeitsziele erreicht werden können. Beispiel 2:  In der Softwareentwicklung wird der Begriff „Qualitäts-Infrastruktur“ für ein System verwendet, mit dem der Entwicklungsstand eines IT-Projekts sowie die Qualität der eigenen und fremden verwendeten Werkzeuge bewertet werden kann. Es gibt noch weitere Beispiele für andere Verwendungen, als für den in diesem Blog verwendeten Kontext. Alle diese Systeme haben trotz identischer Wortgruppe keine fachlichen Verbindungen miteinander.

[ii]   Nicht zu verwechseln mit der Meteorologie, der Wetterkunde.

[iii] Wo möglich, sind die Beispiele so anonymisiert, dass Rückschlüssen auf das Land, in dem dieser Mangel beobachtet wurde, nicht möglich sein sollen.

[iv] Mauricio Frota et.al.: Assessment of the Ukrainian Quality Infrastructure: Challenges Imposed by the WTO and Commitments to EU Accession. https://www.researchgate.net/publication/228530685_Assessment_of_the_Ukrainian_Quality_Infrastructure_Challenges_Imposed_by_the_WTO_and_Commitments_to_EU_Accession    Anmerkung: Die Analyse ist fast 10 Jahre alt. Die Problematik besteht jedoch generell weiterhin.

[v]   Leitfäden für zusätzliche offizielle Kontrollen von Produkten aus der Ukraine, Kasachstan und der Russischen Föderation. Überarbeitete Fassung 29. November 2016, Gültig vom 01.01.2017 bis 31.12.2017.
Erneuert und erweitert durch “Guidelines on additional official controls on products originating from Ukraine, Kazakhstan, Moldova and Russian Federation. Revised version 28 November 2018, Applicable from 01/01/2019 until 31/12/2019.

[vi] Beteiligter = ist im System des NQSI tätig; Betroffener = ist außerhalb des Systems NQSI tätig wird jedoch von dessen Wirkungen beeinflusst

[vii] Martin Kellermann, Ensuring Quality to Gain Access to Global Markets. A Reform Toolkit. International Development in Practice. World Bank Group.

[viii] Im NQIS soll nicht die ISO 9001 angewendet werden, sondern lediglich die dort beschriebene Philosophie des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses soll sinngemäß auf den Verbesserungsprozess des NQIS übertragen werden.

 

 

 

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